Berlin TXL – Kampfmittelräumung beginnt

© Gerhard Kassner
12.05.2021     |
Onlineredaktion Berlin TXL

Berlin. In dieser Woche beginnt die Tegel Projekt GmbH mit der Kampfmittelräumung von drei prioritären Teilbereichen des ehemaligen Flughafens Tegel. Die ersten Arbeiten sollen abgeschlossen sein, wenn das landeseigene Unternehmen das Gelände im August übernimmt, so dass die Baustellenzufahrten für die ersten Bauabschnitte der Urban Tech Republic und des Schumacher Quartiers planmäßig realisiert werden können.

„Das Areal befindet sich in einem Zustand, in dem der reguläre Flugbetrieb in der Vergangenheit gefahrlos möglich war. Dennoch sind von der knapp 500 Hektar großen Projektfläche mehr als 400 Hektar noch nicht nach Stand der Technik kampfmittelberäumt“, so Philipp Bouteiller, Geschäftsführer der Tegel Projekt GmbH. „Wir sorgen für Klarheit und Sicherheit, damit bei den anstehenden Arbeiten niemand zu Schaden kommt. Dabei wird es auch zu Beeinträchtigungen kommen. Wir rechnen damit, dass das Baugeschehen im Schnitt einmal pro Monat wegen einer Entschärfung oder Sprengung unterbrochen werden muss.“ Je nach Lage und Gefährlichkeit möglicher Funde könnten perspektivisch auch Evakuierungsmaßnahmen oder Unterbrechungen des Straßenverkehrs und der U-Bahn notwendig werden.

Das gesamte Gebiet des ehemaligen Flughafens Tegel gilt als Kampfmittelbelastungsgebiet; jegliche Bodeneingriffe ohne kampfmitteltechnische Begleitung sind verboten. Daher wird nun bis August der Bereich der künftigen Baustellenzufahrt am Kurt-Schumacher-Damm auf Munition und Blindgänger hin untersucht und ggf. beräumt. Ab August bis Oktober 2022 folgt der Bereich des ersten Bauabschnitts im Schumacher Quartier und ab Herbst diesen Jahres der der Südzufahrt, von der General-Ganeval-Brücke aus kommend. Diese Arbeiten werden voraussichtlich bis Ende 2022 abgeschlossen sein. Die weitere Begutachtung und Beräumung folgt sukzessive im Vorfeld der jeweiligen Baumaßnahmen.

Der Boden wird zunächst mit Metalldetektoren systematisch abgesucht, dann schichtweise abgetragen und in einer Separierungsanlage sorgsam untersucht. Bei Flächen, die keine Anomalien aufweisen, wird der Boden je nach Nutzungserfordernis zwischen 30 und 160 cm ausgehoben. Verdachtsgebiete werden bis zu einer Tiefe von sechs Metern abgetragen. Sind die dort möglicherweise vorgefundenen Kampfmittel transportfähig, verbringt sie die Polizei zum Sprengplatz Grunewald. Sind sie es nicht, werden sie an Ort und Stelle entschärft oder gesprengt.

Für die Räumarbeiten auf den drei prioritären Flächen rechnet die Tegel Projekt GmbH mit ca. 340.000 m³ Erdaushub. Dieser wird auf der ehemaligen südlichen Landebahn sowie im Bereich des künftigen Schumacher Quartiers gelagert. Nachdem bestätigter Unbedenklichkeit und erfolgter Kampfmittelfreigabe wird der Aushub direkt in die Räumfläche eingebracht oder für andere Bereiche auf dem Projektgebiet verwertet. Kontaminierter Boden wird ordnungsgemäß entsorgt.

Hintergrund – Warum ist das Gebiet munitionsbelastet?

Das Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel war ab ca. 1780 ein Artillerie-Schieß- und Übungsplatz des preußischen Heeres. Ab 1930 fanden hier Raketenversuche statt. Im Zweiten Weltkrieg diente es als Truppenübungsplatz und Standort von Flugabwehrgeschützen. Zwar war der Bereich kein ausgewiesenes Angriffsziel der Alliierten, jedoch war Berlin-Tegel aufgrund kriegswichtiger Industrieanlagen Ziel von ca. 80 Luftangriffen. So ist davon auszugehen, dass das Gebiet im Zeitraum von 1940 bis 1945 mehrfach durch Spreng- und Brandbomben der Royal Air Force getroffen wurde. Zudem gab es hier mehrere Bodenkämpfe mit entsprechenden Gräben und Deckungen. Nach Kriegsende wurden Bombentrichter, Erdlöcher oder Splittergräben mit dem häuftig kampfmittelbelasteten Bauschutt zerstörter Gebäude verfüllt. Ebenso wurde Munition, die nicht abtransportiert werden konnte, hier abgelagert und vergraben.

Aufgrund der Blockade im Jahre 1948 und der schnellstmöglichen Errichtung von Landebahnen auf diesem Gebiet wurden vor Aufnahme des Flugbetriebs keine Kampfmittel geräumt. Punktuelle Räumungen fanden zwischen 1968 und 1981 statt. Testfelduntersuchungen in den Jahren 2004 und 2005 ergaben, dass das Areal kampfmittelbelastet ist, jedoch ohne Eingriff in den Boden keine unmittelbare Gefährdung für den Flugbetrieb ausgeht. Seit dieser Zeit wird das Flughafengelände systematisch geräumt.

Berlin TXL – das Projekt
Nach derzeitiger Planung übergibt das Land Berlin Anfang August 2021 das Gelände des ehemaligen Flughafenss Tegel zur Nachnutzung an die Tegel Projekt GmbH. Ab Herbst 2021 und über einen Zeitraum von ca. 20 Jahren entsteht dann auf dem 500 Hektar großen Areal nicht nur ein vollkommen neuer Stadtteil, sondern das Modell für die smarte, nachhaltige und soziale Stadt von morgen: mit der „Urban Tech Republic“, einem Forschungs- und Industriepark für urbane Technologien, dem „Schumacher Quartier“ mit über 5.000 Wohnungen für mehr als 10.000 Menschen und einem 200 Hektar großen Landschaftspark.

Tegel Projekt GmbH
Mit der Entwicklung und dem Management von Berlin TXL hat das Land Berlin die Tegel Projekt GmbH beauftragt. Das landeseigene Unternehmen beschäftigt ca. 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Stand Mai 2021). Sie befassen sich u. a. mit den Planungen für den Hochbau und die technische, energetische und verkehrliche Infrastruktur sowie mit der Vertriebsvorbereitung und der Kommunikation des Projektes in der Öffentlichkeit.

Kontakt

Tegel Projekt GmbH

Urban Tech Republic, Gebäude V
Flughafen Tegel 1
13405 Berlin